Weg mit §218

Am 28.09. findet jährlich der Internationale Tag für sichere Abtreibungen statt. Seit über zwei Jahrzehnten steht dieser Tag im Zeichen des kämpferischen Einsatzes für die Selbstbestimmung von Frauen, die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und den sicheren Zugang zu entsprechenden medizinischen Leistungen. Denn obwohl der Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft in Deutschland noch immer einen Straftatbestand darstellt, sehen viele Menschen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und schwangeren Personen hierzulande als gesichert an.

Dieser Eindruck entspricht jedoch nicht der Realität. Laut § 218 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, bleibt jedoch innerhalb der ersten 12 Wochen straffrei. Dies zeigt, dass nicht von einer gewöhnlichen medizinischen Behandlung gesprochen werden kann.

Gleichzeitig werden Ärzt*innen, die diese Eingriffe vornehmen, extrem stigmatisiert, sodass es immer weniger Anlaufstellen gibt, an die sich Frauen wenden können. Dies stellt besonders Frauen aus ländlichen Gebieten oder Frauen, die aus finanziellen oder anderen Gründen keine langen Wege auf sich nehmen können, vor große Schwierigkeiten. Ebenso werden Frauen, die einen Abbruch durchführen lassen, durch den rechtlichen Status der „geduldeten Straftat“ stigmatisiert, was zu einer Tabuisierung des Themas in der breiten Gesellschaft führt. Dies kann nur verändert werden, wenn der Schwangerschaftsabbruch gesetzlich als legitime medizinische Behandlung anerkannt wird.

Auch in der Medizin müssen Änderungen in diesem Bereich stattfinden. Nicht nur ist der Schwangerschaftsabbruch kein verpflichtender Teil des Medizinstudiums – dies kann jedes Bundesland und jede medizinische Fakultät selbst entscheiden –, es sinkt auch jedes Jahr die Zahl der Ärzt*innen, die Abbrüche anbieten:
Waren es im Jahr 2003 noch knapp über 2.000, sank die Zahl bis 2021 um fast die Hälfte auf 1.092.
Es kann also bei weitem nicht davon gesprochen werden, dass versucht wird, dem Engpass in der Abtreibungsversorgung entgegenzuwirken.

Eine flächendeckende Versorgung, die alle Frauen gleichermaßen erreicht, kann so nicht gewährleistet werden – obwohl der Zugang zu sicheren Abtreibungen einen erheblichen Beitrag zur Sicherung weiblicher Gesundheit leistet. Der generelle Rückgang ärztlicher Versorgung durch den Fachkräftemangel verstärkt dieses Problem zusätzlich. Die Leidtragenden sind vor allem marginalisierte Frauen, die über wenig Ressourcen verfügen.

Und auch in der Gesellschaft werden die Stimmen, die Frauen die Selbstbestimmung nehmen wollen, immer lauter. Durch den Anstieg rechter Narrative und den konservativen gesellschaftlichen Wandel werden die Rechte von Frauen und weiblich gelesenen Personen zunehmend gefährdet.


Vor wenigen Tagen fand an mehreren Standorten in Deutschland der jährliche „Marsch für das Leben“ statt, bei dem christliche Fundamentalistinnen und andere Abtreibungsgegnerinnen unter dem Deckmantel des Lebensschutzes dafür demonstrieren, die Rechte der Frauen einzuschränken. Dazu versammeln sich jedes Jahr mehr Menschen – zuletzt ca. 1.500. Darunter finden sich auch Rechtsextreme, die so die Möglichkeit haben, ihre menschenfeindlichen Narrative in die Gesellschaft zu tragen.

Doch wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir setzen uns für das Recht auf sichere Schwangerschaftsabbrüche – bei uns und überall auf der Welt – ein.

Wir fordern die Abschaffung von § 218 StGB.
Wir fordern, dass Schwangerschaftsabbrüche ein verpflichtender Teil des Medizinstudiums werden – unabhängig vom Bundesland.
Wir fordern, dass Schwangerschaftsabbrüche als notwendige medizinische Maßnahme von den Krankenkassen übernommen werden, um jeder Person eine selbstbestimmte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.
Wir fordern das Recht für jede Frau, selbst über sich und ihren Körper zu bestimmen.